Geschichte über Morbus Perthes .

Mein Morbus Perthes und ich

02.08.2023

Von: Wolfgang

Jahr der Diagnose: 1960


Die unbekannte, schicksalhafte und dramatische Kinderkrankheit, die tausende Kinder jedes Jahr sehr plötzlich bekommen. Ein unberechenbarer Alptraum aller Eltern.

Ja, ich hatte sie auch und bin glücklicherweise gut ausgeheilt worden. Deshalb kann ich über diese Krankheit berichten, mit der ich mich nun seit weit über 25 Jahren intensiv beschäftige. Seither helfe ich betroffenen Familien mit der Krankheit Morbus Perthes fertig zu werden. Das sind bisher bereits über 5.000 Elternpaare gewesen.

Rückblick:
Es begann bei mir alles im Jahre 1961. Im Jahr davor bin ich in die Schule gekommen und war damals schon einige Jahre aktiver Handballer. Ich war immer sehr quirlig und bewegungsfreudig, wie man heute sagt. Meine Eltern hatten es nicht gerade leicht, ein so bewegungsfreudiges Kind immer wieder zur Ruhe zu mahnen.

Immer öfter wurde ich in dieser Zeit von starken Schmerzen in der Hüfte geplagt und begann, extrem zu hinken.

Als ich etwa 8 Jahre alt war (1961), spielte ich damals schon Handball und bekam aber plötzlich und immer öfter Schmerzen im rechten Bein und Knie. Der Kinderarzt meinte, es wäre Rheuma. Ich bekam ein Mittel zum Einreiben. Das hat aber nichts genutzt. Dann stellte sich ein anderer Arzt "Hüftschnupfen" fest. Aber die Schmerzen wurden immer mehr und es wurde kein Fall besser. Trotzdem konnte zu der Zeit niemand meinen Eltern sagen, warum ich hinkte.

Dann, eines Tages, als meine Eltern schon viele Menschen gefragt hatten, ob jemand einen Experten für Hüftkrankheiten kennt, erhielt mein Vater einen Tipp. In Wuppertal sollte es einen Orthopädie-Professor geben, "der sich mit sowas gut auskannte". Es dauerte einige Wochen, bis wir dort einen Termin bekamen.

Und tatsächlich:
Er tastete mein Becken ab und stellte einen leichten einseitigen Tiefstand fest. Dann musste ich ein paar Schritte laufen und er machte noch ein paar Beinübungen im Liegen mit mir. Das alles hat er ziemlich wortlos gemacht. Das war mir damals schon ziemlich unheimlich. Er war sehr groß und hatte eine sehr tiefe Stimme und er war sehr laut.

Er dann zu meiner Mutter: "Der Junge hat den Morbus Perthes. Und wenn wir das nicht behandeln, kann das Knochenfraß (früher Krebs) werden".

Meine Mutter brach weinend zusammen.

Ich dachte damals, dass ich eine sehr schlimme Krankheit hätte und sterben müsste. Das war aber, Gott sei Dank, nicht der Fall, wie sich aber später erst herausstellte.

Zwei Jahre lang trug ich eine Thomas-Schiene. Oft war bei mir in der Leistengegend im Schritt einige Wunden aufgescheuert und ich durfte dann einige Tage gar nicht laufen.

Für ein sehr „bewegungsfreudiges Kind“ wie mich, war das jedes Mal eine Katastrophe. Es war eine echt lange Quälerei, zwei Jahre lang, Tag für Tag, Nacht für Nacht, Monat für Monat, Jahr für Jahr voller Entbehrungen und Erniedrigungen. Ich lernte Demut zu üben.

Es ist das Wesen des Morbus Perthes, dass er sehr lange dauert und mit großen Schmerzen und Entbehrungen für die Kinder verbunden ist.

Nach der Ausheilung der Krankheit erlebte ich viele Jahre ohne "Morbus Perthes Probleme..."

Nach der Ausheilung habe ich lange Zeit nicht mehr an diese Krankheit gedacht und ich hatte auch keine Schmerzen. Das ist aber nicht immer so, denn ich hatte Glück. Es hätte möglicherweise auch „Folgeschäden“ zurückbleiben können. Man nennt das dann wohl Spätfolgen.

Etwa 30 Jahre nach meiner Morbus Perthes Erkrankung entdeckte ich das damals neue Internet und suchte nach Morbus Perthes. Ich wollte eigentlich ergründen, ob ich mit Spätfolgen zu rechnen habe und wie des aussehen könnte. Mit Problemen, welche ich zu rechnen hätte. Es war aber damals nichts darüber zu finden.

Dann registrierte ich die Webseite www.morbus-perthes.de , die es bis heute noch gibt. Und ich gründe dann die Deutsche Morbus-Perthes-Initiative.

Was genau wollte ich mit dieser Initiative erreichen?

Es war mir wichtig, dass Eltern von betroffenen Kindern die Chance haben sollten, mehr über die orthopädische Kinderkrankheit Morbus Perthes zu erfahren lernen sie zu verstehen, was mit ihrem Kind passiert und wie es wieder gesund werden kann.

Dass die Eltern sich treffen oder Kontakt zueinander aufbauen können, und sich bei mir über den Morbus Perthes informieren können. Deshalb veranstaltet die Deutsche Morbus Perthes Initiative auch einmal jährlich den Deutschen Morbus Perthes Tag.

Weiterhin wollte ich die Situation der aktuell betroffenen Kinder verbessern, Kontakte zu medizinischen Spezialisten aufbauen und meine Erfahrungen mit dieser Krankheit weitergeben.

Ich möchte das Glück, was ich in meinem Leben mit dieser Krankheit hatte, weitergeben an die Kinder, die aktuell von dem Morbus Perthes betroffen sind.

Die Deutsche Morbus Perthes Initiative entwickelt neue Projekte, die den betroffenen Kindern helfen. Eines der Projekte, welches schon seit vielen Jahren Morbus Perthes kranke Kinder tröstet stelle ich Ihnen jetzt vor.

Wir haben den Benni-Tröstebär als Sympathieträger geschaffen.

Ich hatte eine Idee, die aus meiner eigenen, traurigen Erfahrung heraus geboren wurde?

Kranke Kinder brauchen einen Freund. Jemanden, dem sie alles Schlimme erzählen können. Der einfach gut zuhören kann, wenn sie Angst haben, und es auch nicht ihren Eltern erzählen möchten.

Dann setzte ich meine Idee in die Tat um.
„Ich wollte genau diesen schwer kranken Kindern einen Tröste-Teddybären schenken, die eine 6-8 stündige Operation über sich ergehen lassen müssen. Er sollte Benni heißen und Ihnen helfen, ihre schwere Situation so gut wie möglich zu meistern und sie trösten. Er sollte den kranken Kindern von den behandelnden Ärzten im Krankenhaus übergeben werden."

Gesagt, getan:
Ich suchte einen tollen Tröstebären aus und ließ ihn mir zuschicken. Der kleine Kerl hat mir selbst sehr gut gefallen und ich wünschte mir, in der Zeit meiner Krankheit einen solchen Tröstebär-Freund gehabt zu haben.
Bei diesen Gedanken daran wurde ich traurig und konnte eine Träne kaum mehr unterdrücken.

Und dann...:

Eine Mutter aus Köln hatte mich damals angerufen. Ihre Tochter war die Freundin meiner Tochter aus dem Kindergarten und gerade sie hatte genau diese Kinderkrankheit, den Morbus Perthes auch bekommen.

Im Mai 2006 war es dann so weit.

Meine erste „Patientin Alexia“ sollte den ersten Tröstebären Benni erhalten.

Ich war damals ziemlich aufgeregt, weil ich nicht wusste, wie meine Idee bei Alexia, einen Tag vor der mehrstündigen Operation, ankommen würde.

Wie verabredet war ich in die Uniklinik Düsseldorf gefahren, um meine Idee in die Tat, um zu setzen. Ich erreichte das Krankenzimmer, in dem Alexia lag, klopfte an und ging hinein.

Ich hatte Alexia länger nicht mehr gesehen. Aber sie hatte mich gleich als den Papa von ihrer Freundin Leonie wiedererkannt.

Ich begrüßte Alexia, zog den Tröstebären aus der Tasche und hielt ihn in ihre Richtung. Es ist so schön, wenn Kinderaugen Freude ausdrücken. Einfach toll, ohne Worte, das geht mächtig ans Herz. Ein tolles Gefühl für mich.

Alexia hat damals alles gut überstanden. Sie ist heute 25 Jahre und hat ihren Benni-Tröstebären immer noch bei sich. Er ist ihr guter, alter Freund geworden, der schon viel mit ihr "durchgemacht" hat.

Das alles verstärkte mich darin, die Benni Tröstebären an Kinder zu verschenken, die sich wegen dieser Krankheit einer schweren, 6-stündigen Operation unterziehen. Die Ärzte überreichen den Kindern dann beim Erstbesuch den Benni Tröstebären.

Wenn Benni im Krankenhaus verschenkt wird, liegt ihm eine Postkarte bei. Auf die can Kinder ihre Ängste oder Sorgen aufschreiben oder einfach nur ein Bild malen und die Postkarte an den Benni die Perthes Initiative schicken, wo er jetzt arbeitet. Er hatte als Kleiner Teddy auch diese Krankheit und hat das Geheimnis herausgefunden, wie man wieder gesund werden kann.

Benni schreibt den kranken Kindern dann sogar ganz persönliche Briefe zurück.

Das ist oft der erste physische Brief, den Kinder überhaupt erhalten.

Und dann, wenn die Eltern unsere weitere Hilfe benötigen, schreibt Benni noch mehrere Motivationsbriefe an das kranke Kind. Ein Stück Kulturgut also für kleine, kranke Kinder und eine große Motivationshilfe für die Kinder wieder gesund zu werden.

Möchten Sie uns helfen? Dann melden Sie sich bei mir. Telefon: 02433 44 74 64 6

Unsere weiteren Ideen und Projekte:

Perthes Helden

PerthesHelden sind Kinder, die den Morbus Perthes hatten, die lange Zeit der Schmerzen, Verbote und Erniedrigungen überstanden haben und wieder gesund geworden sind. Diese Zeit der Entbehrungen sollte auch ein deutliches Ende haben. Deshalb haben wir PerthesHelden entwickelt. Das bedeutet: Die Eltern können nach Beendigung der Krankheit eine PerthesHelden-Urkunde bei uns erhalten, die wir in verschiedenen Ausführungen anbieten. Parallel dazu sollten die Kinder eine große Perthes Abschiedsfeier etwa so wie eine Geburtstagsfeier bekommen. Eine kleine Rede und eine Urkunde sowie eine Einladungskarte zur Veranstaltung ist inbegriffen. Wenn wir einen Sponsor finden, gibts auch noch ein Geschenk dazu und auch eine kostenfreie Mitgliedschaft (bis 18 Jahre) im Club der Perthesianer ist inbegriffen.

Club der Perthesianer (Alumni/Ehemaligen-Club)

Es ist schon lange mein Traum, dass ehemalige Perthes Patienten sich gegenseitig helfen und ihre Erfahrungen teilen können. Es sollten sich viele ehemalige Perthes-Patienten bei uns melden und in den Club kommen, damit ein großes Potenzial an Erfahrung zusammenkommt und alle etwas davon haben.

Wir sind viele, sehr viele. Lasst uns gegenseitig helfen. Ob es darum geht, welche Auswirkungen bestimmte Medikamente haben, welche Knorpel-Erhaltungs- oder Aufbau-Präparate es gibt oder welche spezialisierten Mediziner man konsultieren kann und die sich auch mit dem Morbus Perthes auskennen. Wir können viel voneinander lernen. Auch wenn es nur darum geht, mit jemandem darüber zu sprechen, wenn man z.B. einen Kinderwunsch hat und das Gewissen einen plagt, ob man den Perthes vererbt oder nicht.

Es gibt viele Themen, die man nur mit Menschen besprechen kann, die den Perthes einmal hatten. Die Gedanken ähneln sich.

Perthes-Stiftung

Ein weiteres Traumziel ist, die Perthes Stiftung zu errichten. Es wird eine Zeit für mich geben, in der ich aus Altersgründen meine Arbeit für den Morbus Perthes nicht mehr zur Verfügung stellen kann. Eine neue Stiftung sollte bis dahin bereits arbeitsfähig sein und stabil funktionieren.

Eine Stiftung zu gründen, kostet sehr viel Geld. Nach jetzigen Erkenntnissen benötigt heute eine Stiftung 5 Mio. Euro (bei der aktuellen Zinssituation), um aus den Zinsen gemeinnützige Arbeit finanzieren und realisieren zu können. Die Stiftung Deutsche Morbus Perthes Initiative ist nun Ende 2021 von Wolfgang Strömich und Gabriela Spinger gegründet worden.

Kennen Sie Menschen, die älter sind, leidige Erfahrungen mit Hüftproblemen haben, mehr Geld haben, als dass sie in ihrem Leben noch verbrauchen können.

Wenn Sie kranken Kindern helfen möchten, die im Kindesalter schon schwere Hüfterkrankungen haben, dann bringen Sie uns bitte mit diesen Menschen zusammen.

Herzliche Grüße und beste Gesundheit
Ihr
Wolfgang Stromich
http://www.morbus-perthes.org

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